ABOUT

Hadmut Bittiger lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Berlin und im französischen Abelcourt. Dem Designstudium folgten Arbeitsaufenthalte in Belgien, Kanada und den USA, bevor sie nach Deutschland zurückkehrte. Hier schuf sie Textilarbeiten, schöpfte Papier und erarbeitete interaktive Installationen. Ihr Thema ist die Erforschung des menschlichen Miteinanders. Dabei entstanden Installationen zu den Themen Flucht, Migration und Integration, zum Potenzial des Zusammenlebens der Kulturen in der Großstadt, oder zum interreligiösen Dialog in unserer Gesellschaft. Sie arbeitet dazu mit Menschen direkt in ihrer Nachbarschaft, mitten in Neukölln und Kreuzberg. Hadmut Bittiger erzählt Geschichten von Menschen, denen sie in der Großstadt begegnet, teils mit einem Augenzwinkern, teils mit ernüchternder Offenheit. Sie offenbart Einblicke in Gedanken und Schicksale die uns im Alltag oft verborgen bleiben, von Menschen denen wir selten begegnen würden.

Ihre Themen visualisiert sie in Objekten, Wand- oder Rauminstallationen, und teilweise in auditiv-visuellen Arbeiten, in die die Betrachtenden aktiv eingebunden sind, indem sie auf Knopfdruck aus winzigen Soundmodulen Stimmen erklingen lassen können, aus Interviews mit Geflüchteten oder Religionsvertretern. Ihre aufs notwendigste reduzierten Arbeiten bestehen meist aus einfachsten Materialien wie Tüten aus Zellophan, Klebstoff aus der Heißluftpistole, Tesafilm, durchsichtigen Stoffen und Kunststoffen, manchmal banale Gegenstände des Alltags.

Mit ihren Arbeiten ist Hadmut Bittiger in zahlreichen nationalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten. (Dr. Klaus Ferentschik)

Hadmut Bittiger lives and works as a freelance artist in Berlin and Abelcourt in France. After studying design, she worked in Belgium, Canada, and the United States before returning to Germany. Here she has created textile works, made paper, and elaborated interactive installations. Her theme is the exploration of human co-existence. She has created installations on the subject of flight, migration, and integration, on the potential for coexistence between cultures in the city and for interreligious dialogue in our society. She has been working directly with people from her neighbourhood across Neukölln and Kreuzberg. Hadmut Bittiger tells the stories of people she meets in the city, sometimes with a wink of connivance, sometimes with sober frankness. She give insight into the thoughts and fates, often undisclosed in everyday life, of people we would seldom come to meet.

She visualizes her themes in objects, wallor spatial installations and to some extent in auditio-visual works that actively engage the visitor, who can press a button to activate minute sound modules and hear excerpts from interviews with refugees or religious representatives. Her minimalist works are mostly created from the simplest of materials such as cellophane bags, glue from the heat gun, adhesive tape, transparent materials and plastics, sometimes banal everyday objects.

Hadmut Bittiger’s works have been on show in numerous national and international solo and group exhibitions.


Bittigers Ästhetik ist unaufdringlich und signalisiert weder mit Aplomb noch mit Aufdringlichkeit: Hier bin ich! Es sind Arbeiten, basierend auf einer behutsamen Inszenierung und Verarbeitung von Materialien zu skulpturalen Gebilden und raumgreifenden Installationen, die sich einer direkten Annäherung auf der ausschließlichen Ebene der Sprache entziehen, was es nicht einfach oder gar zur Aporie macht, sie mit einem Text zu erfassen. Als ein roter Faden im Werk der Künstlerin lässt sich die Profanität der Materialien ausmachen, die ihren Ursprung in der industriellen Fertigung haben, im Alltag der Menschen zu finden sind und von Hadmut Bittiger mit experimenteller und handwerklicher Raffinesse umgeformt werden. In transformierter Gestalt begegnen die Materialien den Betrachtenden völlig neu und verraten nicht unbedingt ihren Ursprung. Eine Ausnahme dürften die transparenten, dünnen Zellophantüten sein – bekannt aus dem Süßwarenhandel –, die Bittiger in diversen installativen Arbeiten und Objekten verwendet.

Ein Beispiel für die, ihren Ursprung nicht verratenden Objekte, sind die höchst fragilen halbkugelförmigen Skulpturen, die an eine Anhäufung geborstener Eierschalen erinnern. Es sind zarte und gefärbte Objekte, aus handgeschöpftem Papier geschaffen, leicht und höchst verletzlich, die die Künstlerin 1997 raumgreifend am Boden und in der Luft in einem ehemals sakralen Raum im Elsässer Städtchen Alspach-Kaysersberg installierte. Neben den üblichen und gewohnten Räumen für die Präsentation von Kunst spielen aber auch Kirchen oder ehemalige Gotteshäuser als Ausstellungsorte eine wichtige Rolle in der Werkbiografie der Künstlerin. So nutzte sie das Pariser Kloster Bénédictines de Sainte-Bathilde für ein interreligiöses Projekt anlässlich internationaler Fluchtbewegungen.

Die Verortung der Menschen oder ihre notgedrungene Ortlosigkeit aufgrund von Vertreibung, Hunger und Krieg, die in Fluchtbewegungen münden und letztlich ihr Stranden in einer neuen Umgebung mit fremder Sprache und einem schweren Gepäck traumatischer Erlebnisse und Erinnerungen, ist ein thematisches Feld, dem sich Bittiger immer wieder gewidmet hat. Das Sammeln der Stimmen und Erzählungen Geflüchteter und deren Überführung in akustischen Wand- und Bodeninstallationen künden nicht nur von Empathie, sondern sind Ausdruck einer universalistischen Überzeugung. (Matthias Reichelt)

Bittiger’s aesthetic is unobtrusive and signals neither with aplomb nor with obtrusiveness: Here I am! These are works based on a careful staging and processing of materials into sculptural structures and expansive installations that defy a direct approach on the exclusive level of language, which makes it difficult or even aporic to grasp them with a text. A common thread in the artist’s work is the profanity of the materials, which have their origins in industrial production, can be found in people’s everyday lives and are remodelled by Hadmut Bittiger with experimental and technical finesse. In their transformed form, the materials appear completely new to the viewer and do not necessarily reveal their origins. One exception is probably the transparent, thin cellophane bags – familiar from the confectionery trade – which Bittiger uses in various installation works and objects.

The highly fragile hemispherical sculptures, which are reminiscent of an accumulation of cracked eggshells, are an example of objects that do not reveal their origin. They are delicate and coloured objects, made of handmade paper, light and extremely vulnerable, which the artist installed in 1997 in a formerly sacred space in the Alsatian town of Alspach-Kaysersberg. In addition to the usual and customary spaces for the presentation of art, churches or former places of worship also play an important role as exhibition venues in the artist’s work biography. For example, she used the Bénédictines de Sainte-Bathilde convent in Paris for an interreligious project to mark international refugee movements.

The localisation of people or their forced displacement due to displacement, hunger and war, which result in flight movements and ultimately their stranding in a new environment with a foreign language and a heavy baggage of traumatic experiences and memories, is a thematic field to which Bittiger has repeatedly devoted herself. Collecting the voices and stories of refugees and translating them into acoustic wall and floor installations is not only a sign of empathy, but also an expression of universalist conviction.